Biogefährdung bei Tätigkeiten mit Kontakt zu biologischen Arbeitsstoffen am Beispiel von Taubenkot.

Infektionsgefährdung
Tauben scheiden mit dem Kot viele Mikroorganismen aus. Darunter können sich auch krankheitserregende Organismen (Bakterien, Hefen und Pilze) der Risikogruppe 2 befinden. Als Vertreter der Risikogruppe 3 ist im Taubenkot oft das Bakterium Chlamydophila psittaci (Erreger der Papageienkrankheit) anzutreffen. Das Vorkommen des Pilzes Histoplasma capsulatum ist zwar möglich, in Deutschland jedoch eher unwahrscheinlich (Erreger der Histoplasmose). Die Krankheitserreger können auch am Gefieder der Tauben haften und beim Aufflattern der Tiere in die Raumluft gelangen.

Voraussetzungen für eine Infektion durch diese Krankheitserreger sind:
Die Erreger sind lebensfähig.
Die Erreger werden vom Menschen aufgenommen.
Die Erreger können sich im Menschen vermehren.

Sensibilisierende, toxische Wirkung
Eine weitere mögliche biologische Gefährdung besteht in der toxischen Wirkung von Endotoxinen (Bestandteile der Zellwand von Bakterien, die bei deren Zerfall frei werden). Weiterhin wachsen auf Taubenkot Schimmelpilze, deren Sporen sensibilisierende Reaktionen hervorrufen können.

Weitere Gefährdungen
Tauben und deren Küken können von Parasiten befallen sein. Die nachtaktive Taubenzecke (Argas reflexus) besiedelt vor allem Nester, in denen insbesondere Küken als Blutlieferanten genutzt werden. Da erwachsene Taubenzecken einige Jahre ohne Nahrungsaufnahme überleben können, müssen auch seit Jahren nicht mehr genutzte Taubenbehausungen als potenziell von Taubenzecken besiedelte Orte betrachtet werden.
Zeckenbisse können zu allergischen Reaktionen und zur Übertragung von Krankheitserregern führen. Weiterhin muss an den Aufenthaltsorten von Tauben auch mit dem Vorhandensein von parasitischen Milben gerechnet werden. In Abwesenheit von Tauben können auch Menschen befallen werden, bei denen eine entzündliche Hautreaktion (Dermatitis) oder eine allergische Reaktion ausgelöst werden kann.
Der Befall eines Gebäudes mit Taubenzecken oder Taubenmilben sollte dem Gesundheitsamt gemeldet werden. Die Bekämpfung erfolgt i.d.R. nach der Taubenkotreinigung. Taubenkot besitzt, wie jeder Vogelkot, einen alkalischen pH-Wert und hat deshalb eine ätzende Wirkung. Bei starker Staubentwicklung kann es zu einer Staubexplosion kommen, weshalb staubminimierende Maßnahmen durchzuführen sind.



Wie erfolgt die Aufnahme dieser Stoffe?

Aufnahme über die Atemwege
Mikroorganismen werden i.d.R., eingelagert in oder angeheftet an kleinste Tröpfchen oder Stäube, als sog. Bioaerosol eingeatmet. Taubenkot wird oftmals in getrockneter Form durch Schaufeln und Fegen entfernt. Gelegentlich werden auch Hochdruckreiniger eingesetzt, um die Verunreinigungen abzuspritzen. Die Bildung von Bioaerosolen ist bei diesen Arbeitsverfahren unvermeidlich. Es muss deshalb auch das infektiöse bzw. sensibilisierende und toxische Potenzial der Bioaerosolbestandteile berücksichtigt werden.

Aufnahme über den Mund
Sie erfolgt durch Berühren des Mundes mit verschmutzten Händen, Handschuhen oder Gegenständen, insbesondere beim Essen, Trinken oder Rauchen ohne vorherige Reinigung der Hände.

Aufnahme über die Haut oder die Schleimhäute
Verletzungen der Haut ermöglichen Mikroorganismen das Eindringen in den Körper. Aufgeweichte Haut bei Feuchtarbeiten sowie Spritzer in die Augen stellen ebenfalls mögliche Eintrittspforten dar.



Symptome einer Infektion oder einer Allergie
Symptome für eine Infektion können das Auftreten von schwerem, wässerigem und zuweilen blutigem Durchfall, krampfartige Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Fieber, Kreislaufschwäche, Magen-, Kopf- oder Muskelschmerzen sein. Treten solche Krankheitsbilder innerhalb von 2-5 Tagen nach Tätigkeiten an einem mit Taubenkot verunreinigtem Ort auf, muss unverzüglich ein Arzt aufgesucht werden, dem der Umgang mit Taubenkot mitzuteilen ist. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn nach etwa 1-3 Wochen Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen und ein quälender Hustenreiz auftreten. Ein solches Krankheitsbild kann auf eine Ornithose hinweisen, die einerseits nahezu ohne Symptome oder mit der Symptomatik einer Erkältung andererseits jedoch auch tödlich verlaufen kann. Ornithosen (Chlamydiosen), zu denen auch die Papageienkrankheit zählt, sind mit Antibiotika behandelbar. Das unverzügliche Aufsuchen eines Arztes und der Hinweis auf Umgang mit Taubenkot kann in solchen Fällen lebenswichtig sein.

Fieber, Husten, Schüttelfrost, Atemnot, Mattigkeit und Übelkeit können auch mehrere Wochen nach Kontakt Hinweiszeichen auf eine allergische Reaktion der Lunge (Vogelhalterlunge) sein. Darüber hinaus sind lokal entzündliche, in seltenen Fällen allergische Reaktionen mit Rötung, Schwellung und Juckreiz durch Parasiten von Tauben möglich.



Eingruppierung der Mikroorganismen
Entsprechend der Biostoffverordnung werden biologische Arbeitsstoffe anhand des von ihnen ausgehenden Infektionsrisikos in vier Risikogruppen unterteilt:

Risikogruppe 1:
Biologische Arbeitsstoffe, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie beim Menschen eine Krankheit verursachen.

Risikogruppe 2:
Biologische Arbeitsstoffe, die eine Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine Gefahr für Beschäftigte darstellen können; eine Verbreitung der Stoffe in der Bevölkerung ist unwahrscheinlich; eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung ist normalerweise möglich.

Risikogruppe 3:
Biologische Arbeitsstoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine ernste Gefahr für die Beschäftigten darstellen; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung kann bestehen, doch ist normalerweise eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung möglich.

Risikogruppe 4:
Biologische Arbeitsstoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine ernste Gefahr für die Beschäftigten darstellen; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung ist unter Umständen groß; normalerweise ist eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung nicht möglich.

In der Regel treten bei Tätigkeiten mit Kontakt zu Taubenkot überwiegend Mikroorganismen der Risikogruppen 1 und 2 auf. Mikroorganismen der Risikogruppe 3 können ebenfalls vorkommen. Mikroorganismen der Risikogruppe 4 kommen natürlicherweise in Deutschland nicht vor. Anhand unserer Ausführungen erkennen Sie, wie wichtig es ist, das Richtige zu tun. Gefahren, die von Schimmelpilzen, Hefen, Bakterien, Vieren und Parasiten ausgehen, werden oft unterschätzt. Durch unseren Klimawandel haben wir zukünftig auch mit Gefahren zu tun, die bisher in Deutschland noch kein Thema waren.

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